Antivirale Chemotherapie
1. Wie funktionieren antivirale Medikamente?
Die folgenden drei Abschnitte basieren vor allem auf
- Susanne Modrow · Uwe Truyen · Hermann Schätzl: "Chemotherapie" in: Molekulare Virologie, 2021; S. 97-119.
- Thomas F. Schulz: "Antivirale Chemotherapie" in: S. Suerbaum et al. (Hrsg.), Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 2020, S. 1017-1029.
Bei jeder medizinischen Massnahme gegen Krankheiten gibt es grundsätzlich zwei Interventionsmöglichkeiten: Entweder - wie im Fall von Infekten - Host-bezogen oder Erreger-bezogen. Diese Unterscheidung gilt es im folgenden im Auge zu behalten.
Der Einsatz von antiviralen Medikamenten (Virostatika) wird auch als antivirale Chemotherapie bezeichnet. Antivirale Medikamente hemmen die Virusreplikation. Viren replizieren sich intrazellulär, entweder im Zellkern oder im Zytoplasma. Sie verfügen einerseits über eigene Enzyme, die sie für die Replikation brauchen. Andererseits stützen sie sich auf Stoffwechselprozesse der Wirtszelle, d. h. gewisse Funktionen, die für die Virenreplikation wichtig, sind gleichsam an die Wirtszellen "ausgelagert" worden.
Der Grossteil der Virostatika (hier Typ A genannt) verwendet als Angriffspunkte Eigenschaften des jeweiligen Virus, d. h. nicht-Strukturproteine (z. B. Enzyme) und Strukturproteine (z. B. Spikeproteine) und nicht Eigenschaften der Wirtszelle. Bei der Virusreplikation werden verschiedene Schritte durchlaufen, die Angriffspunkte für antivirale Medikamente sein können. Einige Beispiele für Phasen des viralen Replikationszyklus sind:
- Adsorption: Anhaftung des Virus an die Zelle
- Aufnahme des Virus in die Zelle
- Uncoating: Freisetzen des viralen Genoms in der Zelle
- Ausschleusen von neuen Viren, die in der gekaperten Zelle produziert worden sind
Ein kleinerer Teil der Virostatika (hier Typ B) zielt demgegenüber auf Eigenschaften der Wirtszelle ab wie beispielsweise auf Polymerasen der Wirtszelle. "Polymerasen sind in allen Lebewesen vorkommende Enzyme [...]. Ihre Funktion ist notwendig für die Vermehrung der Erbinformation (DNA) im Prozess der Replikation, einer Voraussetzung für die Zellteilung." (https://www.chemie.de/lexikon/Polymerase.html)
Mit anderen Worten, sind Polymerasen sowohl die Voraussetzung für Zellteilung als auch für die Virenreplikation wichtig. Virostatika gegen jene Typen von DNA-Viren, welche über keine eigenen DNA-Polymerasen verfügen, nehmen zelluläre Polymerasen ins Visier.
2. Herausforderungen der antiviralen Chemotherapie
Wir haben oben gesehen, dass die meisten Virostatika auf virale Proteine abzielen, dies hat zwar den Vorteil, dass wichtige zelluläre Stoffwechselprozesse im besten Fall unbeeinträchtigt bleiben. Diese Selektivität ist aber auch der Grund dafür, dass es - anders als im Bereich der Bakterien - keine "Breitband-Virostatika" gibt.
Zudem wird die beschriebene Selektivität zum Problem, wenn die Wirksamkeit eines Medikaments gegen eine spezifische virale Polymerase gleichzeitig Polymerasen der Wirtszelle in Mitleidenschaft zieht. Der sogenannte Chemotherapeutische Index quantifiziert dieses Verhältnis. Je höher dieser Index ist, desto grösser ist der Unterschied zwischen der erwünschten Beeinträchtigung der Virus-Polymerase auf der einen Seite und der unerwünschten Beeinträchtigung der zellulären Polymerase auf der anderen Seite.
Da Viren als Quasi-Parasiten von einem funktionierenden Zellstoffwechsel abhängig sind, ist Selektivität schwierig zu erreichen. Hinzu kommt, dass die ausschliesslich intrazelluläre Replikation von Viren die möglichen Angriffspunkte, die ohne Zellschädigung attackiert werden können, einschränkt. Gemäss Schulz (S. 1019) ist dies der Grund dafür, dass viele Virostatika zum Teil starke Nebenwirkungen haben. Für viele virale Erkrankungen gibt es deshalb keine Medikamente.
Eine weitere Herausforderung ist, dass antivirale Medikamente des Typs A, einen starken Selektionsdruck auf Viren aus, von denen bekanntlich viele (z. B. RNA-Viren) über hohe Replikationsraten verfügen. Dies führt zu therapieresistenten Mutanten.
Virostatika des Typs B bergen zwar dadurch, dass ihre zellulären Angriffspunkte naturgemäss weniger stark mutieren als Viren ein geringeres Risiko des Auftretens von therapieresistenten Mutanten, doch sie fördern allenfalls den Trend, dass sich Virenvarianten durchsetzen, die alternative Eintrittsweisen in die Zelle verwenden.
3. Versuche, die Herausforderungen zu meistern
Eine Antwort auf diese Problematik ist - wie im Kampf gegen HIV erprobt - eine antivirale Kombinationstherapie, die ihrerseits jedoch naturgemäss mehr Nebenwirkungen verursachen kann.
Modrow schreibt, die "Pathogenese der meisten Viruserkrankungen ist sowohl mit viralen als auch immunologischen Prozessen verbunden." (S. 98) Somit ist bietet sich neben dem Stören der Virenreplikation als weiteres Ziel das Immunsystem an. Dies bedeutet, dass neben Medikamenten, welche Virusreplikation hemmen auch Medikamente eingesetzt werden, welche die Entzündungsprozesse, die im Rahmen der Immunreaktion ablaufen behandelt werden.
4. Eigene Schlussfolgerungen
(Diese Schlussfolgerungen basieren NICHT auf der oben erwähnten Literatur von Modrow und Schulz.)
So wie ich das verstehe, ist die Unterscheidung zwischen den Viren und ihrer Replikation einerseits und den Effekten, welche sie im Immunsystem triggern andererseits bei allen viralen Infektionen von grosser Wichtigkeit.
Hier scheint Covid keine Ausnahme zu sein. Denn die Immunderegulation mit überbordenden Entzündungsprozessen und mit dem gefürchteten Zytokinsturm, welche ein Zeichen eines schweren Krankheitsverlaufs sind, setzen erst nach Abschluss der etwa einwöchigen (dies galt zumindest für die Delta-Variante) viralen Replikationsphase. Achtung: Damit ist nicht gesagt, dass Eigenschaften des Virus nicht in der Lage sind, den Körper direkt zu schädigen. Dies ist bei Sars-Cov-2 in besonderem Ausmass der Fall. Insbesondere das Spikeprotein wirkt ohne "Zuhilfenahme" von anderen Effekten direkt und sehr schädigend auf den Körper ein. Auch wenn das Ausmass der Pathogenität des Spikeproteins ausserordentlich ist, so ist die Tatsache, dass es pathogen ist, nichts ausserordentliches. Auch bei Influenzaviren hängt die Pathogenität von der Beschaffenheit von spikeartigen Oberflächenproteinen ab, in diesem Fall Hämagglutinin oder Neuraminidase. (Vgl. asm.org und
rki.de)
Und auch die Schädigungen, welche teilweise bei Menschen zu beobachten sind, welche "Covid-Impfstoffe" erhalten haben, gehen nicht ausschliesslich, aber offenbar massgeblich auf das Spikeprotein und seine seine Bruchstücke zurück.